Der Weiler „Verr“ entstand während der Rodeperiode, die vermutlich mit dem beginnenden Hochmittelalter einsetze. Im Wort Verr steckt das althochdeutsche „fereha“, was mit Eichen bzw. Föhren übersetzt werden kann. Deuten lässt sich Verr als einem Ort, der bei den Eichen liegt.
Die Geschichte des Weilers ist mit der des Nachbarortes Büddelhagen eng verbunden. Im Jahre 1413 wurde der Ort das erste Mal urkundlich in der Kämmereirechnung von Sankt Severin zu Köln für den Fronhof Lindlar als „Veyrr“ erwähnt. Verr gehörte damals noch zum Kirchspiel Lindlar. In der Karte von Arnold Mercator aus dem Jahre 1575 ist der Ort als „Vehr“ eingezeichnet. In den Kirchenbüchern von Engelskirchen, Much und Drabenderhöhe heisst es 1648 ebenfalls „Vehr“, 1655 „Fähr“ bzw. 1675 „Vehr“. Auf der Ploenniskarte des Herzogtum Bergs von 1715 und auf der Wiebekingkarte von 1789 ist der Ort als „Ferr“ vermerkt. In der Rummelkarte über die Herrschaft Gimborn ist der Weiler als „Verre“ überliefert.
Im Jahre 1554 wurde Engelskirchen von der Mutterpfarre Lindlar eigenständig. Offiziell wurde Verr damit diesem Kirchspiel zugeordnet. Doch die Einwohner wechselten in dieser Zeit zur lutherischen Religion über und schlossen sich aufgrund der räumlichen Nähe der Kapelle zu Drabenderhöhe an. Die Kapelle zu Drabenderhöhe wurde gleichermaßen von den Herzögen zu Berg und den Grafen zu Sayn-Wittgenstein beansprucht, währenddessen der eigentliche Ort Drabenderhöhe zur Herrschaft Homburg gehörte. Verr dagegen lag im Herzogtum Berg und damit, wie auch das Kirchspiel Engelskirchen, im Amt Steinbach. Mit der Einigung im Siegburger Vergleich 1604, die die Grenze zwischen Homburg und Berg regelte, verblieb Verr weiterhin im Herzogtum Berg, trotz seiner protestantischen Einwohner. Diese hielten sich aber nachwievor zur nun selbstständig gewordenen reformierten Kirchengemeinde Drabenderhöhe.
1675 erfolgte erstmal eine Personenaufnahme durch den Drabenderhöher Pastor Johannes Haas. Dabei wurden 7 Haushalte mit 39 Personen erfasst:
Alle Familiennamen tauchen auch im katholischen Engelskirchener Kirchenbuch auf, so auch 1651 die Familie des Johan Scheder und 1670 seines Sohn Peter Scheder. Diese Familie wurde in der Personenaufnahme nicht erfasst, obwohl Peter Scheider 1708 in Drabenderhöhe evangelisch-reformiert beerdigt wurde. Offensichtlich waren die Pastoren sich wohl nicht ganz einig, welcher Konfession die Einwohner von Büddelhagen und Verr angehörten.
Verr mit Aussichtsturm um 1935
In dieser Liste wird auch die Familie Kauert erwähnt, die aus Verr stammte. Genannter Albert Kauert war der Neffe des in Büddelhagen wohnenden späteren Bergwerkdirektors Peter Kauert. Peter Kauert beginnt in Oberkaltenbach mit einem Grosseinsatz von Geld mit dem Eisenerzbergbau. Erst nach 1719 hatte er Erfolge und grenzte sein Grube nach Belehnung des Berggericht mit 15 Pfählen ein. Die Grube hiess „des Peter Kauert 15 Löwenpfähl“. Neben dem Grubenfeld erbaute er noch eine Eisenschmelzhütte. Peter Kauert belieferte Hämmer an Agger, Leppe, Wiehl, als auch Hammerwerke in der Grafschaft Mark. Er wurde zum ersten Industriepionier der Region. Später prozessierte er gegen den Grafen von Nesselrode zu Ehreshoven, ebenfalls Besitzer von Eisenerzgruben und Reichsmarschall des Herzogtum Bergs. Trotz der Prozesskosten hinterliess er nach seinem Tode 1750 seinen Erben eine Summe von 80.000 Reichsthalern. Erst im Jahre 1871 verkaufte die Familie Kauert die Grube in Oberkaltenbach an die Firma Friedrich Krupp in Essen, die diese dann 1911 stillegte. Der Name Kauert lässt sich unter den hiesigen Familien am weitesten zurückverfolgen. Urahn und Urgrossvater des Peter Kauert ist der Bergvogt Christian Kauert, der bereits 1616 in einer Steuerliste von Verr vermerkt war. Er dürfte wohl um 1590 geboren worden sein. Auch sein Sohn Dietrich Kauert nahm eine wichtige Position ein. Als Beerbter findet man ihn in Akten des Jahres 1649 und er führte 1664 die Erbteilung des Hauses Braunswerth als Landmesser durch. Noch weiter zurück geht der Flurnameneintrag „Die Kauwarts Brüchen“ bei Brächen auf der Mercatorkarte von 1575. Dieser Flurname existiert noch heute als „Auf den Kauerts Bröchen“ im Waldgebiet des Hipperich.
Im Jahre 1806 übernahmen die Franzosen das Herzogtum Berg und bauten im Jahre 1808 eine Zivilverwaltung auf. Die historischen Grenzen wurden dabei nicht verändert und Verr verblieb bei der Gemeinde Engelskirchen, Kreis Wipperfürth. 1815 übernahm das Königreich Preussen die Verwaltung. Seit der Kartenaufnahme von Tranchot 1817 ist die Schreibweise des Ortes endgültig „Verr“.
Der Ort blieb allerdings immer ein sehr kleiner Weiler. Die Einwohnerzahlen im 19. Jahrhundert belegen dies:
Dabei hatte der Ort 1843 7 Häuser und 1885 13 Häuser und 1905 9 Wohnhäuser. Die Menschen lebten hauptsächlich von den Landwirtschaft, nicht selten waren die Männer auch in den umliegenden Bergwerken, wie der Silberkaule und der Grube Bliesenbach im Loopetal beschäftigt. Auch handwerkliche Berufe, wie Zimmermann oder Maurer wurden ausgeübt. Der starke Bevölkerungsrückgang zwischen 1885 und 1900 lässt sich dadurch erklären, dass die Grube Silberkaule geschlossen wurde und einige Familien abwanderten. In der Flur Steimelsknippen östlich von Verr gibt es am Zusammenfluss des Sungssiefen und des Loopebaches bis heute noch eine Flurbezeichnung „Auf der Verrer Hütten“. Hier wurde im Mittelalter das in der Silberkaule gewonnene Eisenerz verhüttet. Entlang der Loope hat es wohl mehrere Verhüttungsstandorte gegeben. So befindet sich im Wald in der Flur „Im Küel“ noch die Überreste einer solchen Anlage.
Als belastend empfand die Bevölkerung die politische Grenzlage des Ortes. Daher unterstützten die Einwohner aus Büddelhagen zusammen mit denen von Verr, Brächen und Anfang (alle Gemeinde Engelskirchen) 1924 einen Antrag der Orte Scheidt, Pfaffenscheid und Obermiebach (Gemeinde Much, Siegkreis) auf Eingemeindung in die Bürgermeisterei Drabenderhöhe, Kreis Gummersbach. Der Bürgermeister der katholischen Gemeinde Engelskirchen allerdings befürwortete dieses Vorhaben überhaupt nicht und übte einen sehr starken Druck auf die evangelischen Einwohner dieser Orte aus, so dass diese den Antrag im Jahre 1926 wieder zurückzogen. Im Jahre 1932 wurde dann einzig der Ort Anfang, zusammen mit Scheidt und Pfaffenscheid mit Drabenderhöhe vereinigt. Für alle anderen Orte blieb die historische kommunale Zuordnung erhalten. Hermann Lutter, der Bürgermeister der Gemeinde Drabenderhöhe versuchte noch 1933 die bei Engelskirchen und Much verbliebenen Orte auszugemeinden. Doch das nazionalsozialistische Regime hatte kein Interesse an weiteren Veränderungen der Gemeindegrenzen. In den 1920er Jahren wurde Verr mit Gründung des „christlichen Erholunghauses Wald-Eck“, einer Pension ohne Gastwirtschaft, auch touristisch interessant und man warb in einem Prospekt von 1929, der vom Heimatverein Drabenderhöhe herausgegeben wurde als „Luftkurort Verr“ mit ruhiger Lage, sehr viel Wald ohne Industrie und ohne Autoverkehr. Nicht weit vom Ort enstanden 1929 ein Aussichtsturm auf dem Löher Kopf und 1932 ein Freibad in der Flur „In den Weiern“.
Im Adressbuch von 1939 sind folgende Haushalte aufgeführt:
Mit der kommunalen Gebietsreform im Jahre 1975 wurde Verr, zusammen mit den Ortschaften Büddelhagen und Brächen, sowie dem nach dem 2. Weltkrieg enstanden Löher Hof bei Drabenderhöhe in die Stadtgemeinde Wiehl, Oberbergischer Kreis eingegliedert. Bis zu diesem Zeitpunkt gehörten die Orte zum Rheinisch-Bergischen-Kreis. Im Verhältnis zum 19. Jahrhundert liegen heute die Einwohnerzahlen niedriger:
vermutlich wurde das Gebäude im 17. Jahrhundert errichtet. Es stand in Verr, etwa an der der Kurve der Straße zum Haus Wald-Eck gegenüber der noch vorhandenen alten Häuser.
Der Reidemeister Friedrich Christian Haas heiratete 1754 Helena Katharina Kauert, einer Enkelin des bekannten Bergbaupioniers Peter Kauert aus Verr. Friedrich Haas stammte aus Linden und war Sohn des Schöffen und homburgischen Schultheißen Caspar Haas. Sein Urgroßonkel Johannes Haas besetzte von 1668 bis zu seinem Tod im Jahre 1706 die Pfarrstelle in Drabenderhöhe.
Haus Haas Ende der 1920er Jahre, © Oberbergischer Kreis, Heimatbildarchiv
Insgesamt hatte der Reidemeister 10 Kinder, woraus sich zwei Linien bildeten. Sohn Ferdinand Albert wurde ebenfalls Reidemeister. Sie bewohnten ein heute nicht mehr existierendes Haus in Nachbarschaft zum Haus Wald-Eck. Der andere Sohn Johannes Henrich Haas heiratete 1798 die Pastorentochter Charlotta Schnabel. Auch Johannes war Reidemeister und später Eisenfabrikant. Aus der Ehe gingen insgesamt 5 Kinder hervor. Nach seinem Tode 1818 blieb das Haus in einer Erbengemeinschaft in Familienbesitz.
Der 1799 geborene Sohn Johannes Christian Ferdinand Haas zog es zunächst um 1830 als Blaufärber nach Drabenderhöhe. Nach dem Tode von Johannes Peter Lutter übernahm er die Gastwirtschaft in Anfang (heute Teufelsküche). In einem preußischen Adressbuchverzeichnis aus dem Jahre 1833 wird er als Bierbrauer und Gastwirt gelistet. Die Gastwirtschaft betrieb er allerdings nicht sehr lange, denn spätestens 1845 übernimmt diese Ferdinand von Schemm. Ferdinand Haas baute sich um 1835 direkt neben der Gastwirtschaft sein eigenes Haus. Sein ältester Sohn Albert, ebenfalls Bierbrauer starb 1864 mit nur 33 Jahren.
Tochter Carolina Haas heiratete 1862 Gustav Hühn, der schon in jungen Jahren als Geselle dort arbeitete. Nach dem Tode seines Schwiegervaters übernahm er den Betrieb und richtete später eine Kornbranntbrennerei ein.
Der zweite Sohn von Friedrich Christian Haas muss das alte Haus in Verr noch eine Weile bewohnt haben, denn er wurde noch 1833 als Taufpate erwähnt. Danach verlieren sich seine Spuren in der Kirchengemeinde Drabenderhöhe. Seine Schwester Carolina Catharina lebte im selben Jahr unverheiratet in Wiehl.
Das Haus muss dann vermutlich Mitte des 19. Jahrhunderts verkauft worden sein. Seit etwa 1856 bewohnte dann die Familie Uellner das Anwesen. Wilhelm Uellner stammte vermutlich aus der Gemeinde Eckenhagen und war Bergmann. Wahrscheinlich arbeitete er in den Gruben in der Bliesenbach im Loopetal oder in der Silberkaule im Heck. Auch seine Söhne Wilhelm und Heinrich, wie sein Schwiegersohn Philipp waren Bergmänner. Der 1872 geborene Sohn Wilhelms, auch Wilhelm wurde Beamter und war so manchem älteren Drabenderhöher noch als „Opa Uellner“ bekannt, der als Bademeister im Freibad die Aufsicht übernahm. Obwohl er staatlich nicht geprüft war, ist in Verr niemand ertrunken.
Das alte Haas Haus wurde dann Ende der 1970er Jahre abgerissen.